Tag 1: Reise nach ProgGeschrieben von Sabine Stern in
Reise durch die Entspannung Tag 1: Reise nach ProgMestre, Padova, Vincenza, Verona, Trento, Das monotone Rattern der Räder auf den Schienen schläfert mich ein und auch Tom macht ein kleines Nickerchen. Als ich aufwache, sehe ich einen großen See vor uns. Hinter diesem See beginnt das Land Jacobsen. Noch eine halbe Stunde und wir erreichen unser Ziel, das kleine Städtchen Prog im Jacobschen Land. Dort werde ich Justin kennen lernen. Er ist Lehrer für Progressive Muskelentspannung. Er wird mir hoffentlich alles über Möglichkeiten der Stressbewältigung verraten. Leider verabschiedet sich Tom von mir. Ein Klient hat ihn auf dem Handy angerufen und braucht dringend seine Hilfe. „Sag Justin einen lieben Gruß. Ich schaue auf dem Rückweg bei ihm vorbei", meint er zu mir. Justin wohnt außerhalb der Stadt an einem kleinen Bach. Er hat ein buntes, hübsches Häuschen mit einem großen Garten. Ich sehe rote, herrlich duftende Tomaten, viele verschieden Gewürze, Bohnen, Pfirsiche und noch vieles mehr. Artig richte ich die Grüße von Tom aus. Justin ist sehr freundlich und lädt mich sofort zu einer Fischsuppe ein. Er hat am morgen einige Fische geangelt und mit Gartenkräutern und Gemüse abgeschmeckt. Sie ist lecker und während der Mahlzeit kommen wir in das Gespräch. „So, du möchtest etwas über Progressive Muskelentspannung erfahren?", sagt er zu mir. „Man nennt es auch Progressive Muskelrelaxation." „Ja, viele Menschen leiden bei uns unter Stress. Ich habe mich entschlossen, etwas über neue Möglichkeiten in der Stressbewältigung herauszufinden und unternehme daher diese Reise." „Weißt du schon was über Progressive Muskelrelaxation?", beginnt Justin. „Nur, das sie eine Entspannungstechnik ist." „Das ist nicht viel. Setze dich bequem hin. Ich erzähle etwas über die Geschichte der Progressiven Muskelrelaxation." Eric Jacobsen begann sein Werk Anfang des 20. Jahrhunderts. Er stellte fest, dass Angst immer mit einer Muskelanspannung verbunden ist. Er entdeckte, dass man durch systematische Anspannung und Entspannung verschiedener Muskelgruppen und durch den Lernvorgang, sich auf die daraus entstehenden Gefühle der Anspannung und Entspannung zu konzentrieren und zu unterscheiden, beinahe alle Muskelüberspannungen beseitigen und ein Gefühl tiefer Entspannung erleben kann. Jacobson sprach in seinen Entspannungsübungen nacheinander die wichtigsten Muskelgruppen an. Seine Studien belegten, dass allein die Entspannung des Körpers auch entspannende Wirkungen auf Geist und Seele hat. So konnte Jacobsen Angst-gefühle durch Progressive Muskelrelaxation verringern. Seither haben sich zahlreiche Varianten entwickelt. „Ich kann mir noch nicht vorstellen, wie die Progressive Muskelrelaxation funktioniert", meine ich. „Sollen wir jetzt die Progressive Muskelrelaxation probieren?", fragt mich Justin lächelnd. „Möchtest du sitzen oder liegen?" Ich entscheide mich für das Liegen auf der Couch. Die Raumtemperatur ist angenehm. „Bist du bequem angezogen?", fragt er noch. Ich nicke. „Ich erzähle dir nun noch ein wenig über Progressive Muskelre-laxation, bevor wir beginnen." Alle Muskeln des Körpers werden in einer be-stimmten Reihenfolge angespannt und wieder gelöst. Gleichzeitig nimmt man aufmerksam die Empfindungen, die bei der Spannung und Entspannung auftreten, wahr. Du wirst lernen im Alltag zu erkennen, wann du verspannt und wann du entspannt bist. „Kann ich Progressive Muskelrelaxation an einem Tag erlernen?", frage ich. „Du wirst zwar nach den ersten Übungen ein tiefes Gefühl der Entspannung bemerken, aber das ist nur kurzfristig. Um dein Wohlbefinden langfristig zu verbessern, bedarf es einer Übungszeit von etwa 6 bis 8 Wochen." „So lange?" „Sich entspannen dauert etwa so lange wie andere Fertigkeiten zu erlernen, wie Fahrradfahren oder Schwimmen." Das verstehe ich. „Aber warum beginnt man damit Muskeln anzuspannen und nicht gleich zu entspannen?" Justin nickt. „Diese Frage wird mir öfter gestellt." Die Progressive Muskelrelaxation zielt darauf ab, eine Verringerung der Muskelspannung bis weit unter das tägliche Anspannungsniveau zu ermöglichen. Um das erreichen, könnte ich dich jetzt bitten, dich ganz auf die Muskeln, zum Beispiel deiner rechten Hand und des rechten Armes zu konzentrieren und sie zu entspannen. „Konzentriere dich nun auf die rechte Hand und den rechten Arm. Und versuche die Muskeln zu entspannen", sagt er ruhig. „Ich fühle keine richtige Entspannung. Vielleicht ein wenig." Justin hält einen Moment inne, um das Feuer im Kamin anzu-fachen. „Versuche die rechte Hand zu einer Faust zu ballen und an die rechte Schulter zu führen. Dabei spanne Unter- und Oberarm an. Verweile 5 bis 7 Sekunden in dieser Haltung und achte auf das Gefühl der Anspannung. Dann lasse die Hand fallen, und zwar nicht allmählich, sondern plötzlich. Wie fühlen sich die rechte Hand und der rechte Arm jetzt an?" „Das ist sehr entspannend." Justin erklärt mir, dass man dadurch intensiver auf das Gefühl der Verkrampfung einzelner Muskelgruppen aufmerksam wird. Zudem wird ein guter Kontrasteffekt erzielt, der es ermöglicht, beide Zustände zu vergleichen und den Unterschied zwischen den mit Ihnen verbundenen Empfindungen zu spüren. „Aber ich will dich nicht weiter auf die Folter spannen“, sagt Justin. „Ich zeige dir jetzt, welche Muskelgruppen bei der Progressiven Muskelrelaxation nacheinander angespannt und entspannt werden. Wir beginnen mit der rechten Hand und dem rechten Unterarm. Mache bitte eine Faust und spanne sie und deinen Unterarm an. Dabei achte auf das Gefühl der Anspannung. Nach etwa 7 Sekunden werden die Muskeln gelockert. Merkst du die einsetzende Entspannung?" Justin erklärt weiter. „Nun ist der rechte Oberarm dran. Ihn können wir in die vorhergehende Übung mit einbinden. Balle die Hand zu einer Faust, führe sie in Richtung Schulter und nun drücke den Ellbogen in die rechte Flanke. Halte die Spannung, warte 7 Sekunden und entspanne. Wiederhole das Ganze mit linker Hand und linkem Unterarm. Binde auch den Oberarm mit ein." Er wartet etwas. „Nachdem jetzt Hände und Arme entspannt sind, werden die Gesichtsmuskeln gelockert." „Wir beißen zuerst die Zähne zusammen." Dazu weist er mich weiter ein. Der Kaumuskel ist einer der stärksten Muskeln des Körpers. Dies sagte schon Newton. Weißt du wie viel Kilopond Kraft man braucht um ein Butterbrot zu essen? Es sind 5 Kilopond. Bei einem Steak sind es 7. Wer am Tag oft die Zähne zusammenbeißt, tut dies oft auch im Schlaf. Das sogenannte Zähneknirschen. Was schätzt du, wie viel Kilopond Kraft dabei freigesetzt werden? 25 Kilopond. Dadurch splittert der Zahnschmelz, die Zahnwurzeln lockern und die Kiefergelenke leiern aus. Achte mal im Alltag darauf, wie oft du dich dabei ertappst. „Nun wird die Zungenspitze gegen den Gaumen gedrückt. Achte mal darauf wo sie normalerweise liegt. Eine angespannte Zunge führt dazu, dass auch die Halsmuskeln angespannt sind. Als nächstes werden die Lippen zusammengekniffen. Anspannen und nach einiger Zeit wieder entspannen. Und lächle", sagt er zu mir. Es ist viel leichter zu lächeln, als ein verbissenes Gesicht zu machen. Man benötigt zum Lächeln viel weniger Muskeln. Wenn du dich über etwas ärgerst, versuche einmal zwei Minuten zu lächeln, auch wenn dir nicht danach zumute ist. Es wird dir nicht gelingen, ärgerlich zu bleiben. Das liegt daran, dass allein schon das Nachobenziehen der Mundwinkel die Endorphine anregt. Die Endorphine im Gehirn erzeugen berauschende und euphorische Glücksgefühle. Kneife die Augen zusammen, so als ob dir der Wind ins Gesicht bläst und rümpfe zur Verstärkung die Nase. Und dann entspanne diese Gesichtspartien. Ziehe deine Augenbrauen nach oben, entspanne, runzle die Stirn und entspanne sie wieder. Spannt man im Alltag oft die Stirn an, so ist das oft der Auslöser von Spannungskopfschmerzen. Zur Entspannung der Nackenmuskulatur gibt es zwei Möglichkeiten. Ziehe die Schultern bis zu den Ohren nach oben. Entspanne. Oder ziehe das Kinn so weit wie möglich auf die Brust und entspanne. Nun zu den Muskeln der Brust, der Schultern und der oberen Rückenpartie. Diese Muskel sind insbe-sondere bei häufigen Tätigkeiten am Schreibtisch oftmals angespannt. Atme tief ein, ziehe die Schulterblätter zueinander, richte dich somit auf und halte kurz die Luft an. Dann entspanne wieder. Es folgen die Bauchmuskeln. Diese kann man an-spannen, indem man den Bauch nach außen drückt; oder man zieht den Bauch soweit wie möglich ein. Viele Menschen gehen mit ständig eingezogenem Bauch durch das Leben. Dies führt zu Verdauungsprobleme, zu Problemen mit den inneren Organen und den Geschlechtsorganen. Deswegen sollte man sich angewöhnen, den Bauch locker zu halten. Zum Schluss werden beide Beine ausgestreckt und die Zehen in Richtung Boden gedrückt. So werden Unter- und Oberschenkel angespannt. Nach der Entspannung werden die Beine noch einmal angespannt. Diesmal streckt man die Zehen jedoch in Richtung Kopf. Und dann wird wieder entspannt." Hier im Haus ist es jetzt kuschelig warm. Mache es dir mal richtig bequem", sagt er zu mir. Achte darauf, nach der Anspannung der einzelnen Muskeln, die Spannung nicht allmählich verschwinden zu lassen, sondern lockere die dort vorhandene Spannung sofort und võllig." Die Sitz- oder Liegeposition sollte bequem sein und möglichst nicht während den Ubungen verändert werden. Jeder Schritt dauert etwa eine Minute. Insgesamt wird die Ubung 15 bis 20 Minuten dauern. Anschließend kannst du in Gedanken noch einmal durch den Körper wandern, um nachzuspüren, ob die Muskeln auf Entspannung eingestellt sind. Recke dich und strecke dich und atme ein paarmal tief durch." Die sonore Stimme Justins strahlt ein Gefühl der Wärme, des Vertrauen und der Sicherheit aus. Mit jedem Anspannen und Entspannen werde ich ruhiger. Das Gefühl der Entspannung in den Muskeln kann noch vertieft werden, indem du in Gedanken durch den ganzen Körper wanderst", sagt Justin zu mir. „Das Durchwandern des Körpers ist eine mentale Massage von deinen Körperteilen." Fühle zuerst in deine Hände. Sind sie weich und ruhig geworden? Sind alle Finger ganz entspannt? Sind die Handgelenke gelöst und ruhig? Wie entspannt sind die Muskeln der Unterarme, der Oberarme? Die Schultern, locker, gelöst. Die Gesichts-muskeln ruhig und entspannt. Der Unterkiefer ganz gelöst, Lippen und Zunge weich und entspannt. Die Augen bequem geschlossen und ruhig, ganz ruhig. Stirn und Kopfhaut glatt und entspannt bis in den Nacken, der sich auch gelockert hat. Nacken, Schultern und die Muskeln des Rückens sind weich, ruhig und gelöst. Der Brustkorb hat sich gelöst, die Atmung ist nun ruhig und regelmäßig. Der Bauch ist wohlig gelöst, die Oberschenkel und die Unterschenkel sowie die Füße sind locker, entspannt und angenehm gelöst. Diese Entspannung des ganzen Körpers fühlt sich sehr gut an. Genieße dieses angenehme Gefühl, das dir Kraft und Ruhe schenken kann, wenn du es bewusst erlebst und genießt. Nach der Durchwanderung des Körpers solltest du die Übung beenden, indem du dich wieder auf freudige Aktivität einstellst. Das Zurücknehmen ist wichtig für das HerzKreislaufSystem, welches sonst instabil werden würde. Auch die Muskeln würden erschlaffen. Muntere dich auf, atme ein paarmal tief ein und aus, recke und strecke dich, balle die Hände zu Fäusten und hebe die Fäuste energisch angespannt zu den Schultern Nun, konntest du entspannen? Hat dir die Progressive Muskel-relaxation gut getan?", fragt mich Justin, Ich möchte in Zukunft gerne jeden Tag die Progressive Mus-kelrelaxation üben", sage ich. „Aber ich weiß nicht, ob ich das schaffe. Bestimmt kommt immer was dazwischen." „Wenn die positiven Auswirkungen regelmäßigen Übens noch nicht Motivation genug sind, sollte man sich die Progressive Muskelrelaxation wie einen wichtigen Termin in den Terminkalender eintragen", meint Justin zu mir. „Gibt es auch kürzere Varianten?" „Ja, natürlich. Man kann die Muskelgruppen, wie Arme, Gesicht, Rücken, Bauch und Beine zusammen nehmen. Dann dauert die Ubung nur 10 Minuten. Man kann auch die Gedankenwanderung durch den Körper weg lassen, aber zurücknehmen muss man sich immer." „Es gibt auch eine Übung, die nur 2 Minuten dauert?" Balle die Hände zu Fäusten, hebe die Fäuste zu den Schultern, damit sich auch die Muskeln deiner Arme anspannen. Dann spanne deine Kiefermuskeln an, indem du deine Zähne zusammenbeißt, presse deine Zunge gegen deinen Oberkiefer, kneife deine Lippen kräftig zusammen, kneife nun deine Augen zusammen. Spanne deine Stirn an, indem du die Augenbrauen hebst. Dadurch spannt sich auch deine Kopfhaut an, bis in den Nacken. Hebe nun die Schultern hoch, bis an die Ohren. Wenn du die Schultern nach hinten und unten drückst, spannen sich auch deine Rückenmuskeln an. Atme tief ein, damit sich der Brustkorb anspannt. Ziehe deinen Bauch ein, presse ihn gegen das Rück-grat. Strecke deine Beine und deine Füße. Spüre die Spannung in den Ober- und Unterschenkeln und Unterschenkeln und den Füßen. Nicht übertreiben! Sonst gibt es einen Wadenkrampf. Halte die Spannung all deiner Muskeln. Achte auf das Gefühl der Anspannung. Und dann: loslassen. Genieße die wohlige Entspannung. Dann durchwandere in Gedanken deinen Körper und spüre nach. Zum Schluss zähle von vier auf eins zurück. Die Progressive Muskelrelaxation wirkt den körper-lichen, geistigen und emotionalen Auswirkungen von andauerndem Stress entgegen. Durch regelmäßiges Üben wird man vor oder in Stresssituationen ruhiger. Dies steht in einem Buch, welches mir Justin zum lesen gibt. Ich bin begeistert von der Entspannungstechnik der Progressiven Muskelrelaxation. „Nicht weit von hier liegt das Land, in dem das Autogene Trai-ning gelehrt wird", erzählt mir Justin. „Reicht denn nicht eine Entspannungstechnik?" „Ich denke schon. Aber ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob die Progressive Muskelrelaxation effektiver ist als das Autogene Training. Dazu musst du das Autogene Training erst kennen lernen. Vielleicht ist es für manche Menschen besser geeignet. Vielleicht können beide Entspannungstechniken auch gegenseitig voneinander profitieren. Ein Lehrer sollte sich fortbilden. Deswegen wandere ich morgen dort hin. Möchtest du mitkommen? Ich würde mich freuen." „Gerne." „Wir brechen morgen früh nach dem Frühstück auf. Wir sollten jetzt zu Bett gehen." 🤔🤔🤔 Auf den Hocker vor einem kleinen Tisch setzte ich mich hin und schreibe in mein Tagebuch was ich heute gelernt habe: Die Progressive Muskelrelaxation (PME) nach Ed-mund Jacobson ist eine Methode, die sehr effektiv und leicht erlernbar ist. Dabei werden nacheinander die einzelnen Muskelpartien in einer bestimmten Reihenfolge zunächst angespannt, die Muskelspannung wird kurz gehalten und anschließend wird die Spannung gelöst. Die Konzentration der Person wird dabei auf den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung gerichtet und auf die Empfindungen, die mit diesen unterschiedlichen Zuständen einhergehen. Ziel der Methode ist eine Senkung der Muskelspannung unter das normale Niveau aufgrund einer verbesserten Körperwahrnehmung. Mit der Zeit soll die Person lernen, muskuläre Entspannung herführen, wann immer sie dies möchte.
Ich lege mich ins Bett und übe die 2 Minuten Relaxation. Ich versuche noch die Körperwanderung, aber nach den Schultern falle ich in einen tiefen Schlaf.
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